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Alzheimer

Das Erste-Hilfe-Buch

Erschienen am 14.09.2009, 2. Auflage 2009
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783579068848
Sprache: Deutsch
Umfang: 160 S.
Format (T/L/B): 1.4 x 21.5 x 14 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Was tun, wenn das gewohnte Leben ein Ende hat? Leben mit Menschen, die die Wirklichkeit verloren haben Ein Erfahrungsbericht mit konkreten Ratschlägen Ein Buch, in dem endlich über die Realität im Alltag von AlzheimerBetroffenen geredet wird Wenn die Nachricht von der Alzheimer-Erkrankung eines Familienmitgliedes in den Alltag einbricht, müssen sich die Angehörigen wappnen. Denn das gewohnte Leben hat in diesem Moment ein Ende. Margot Unbescheid weiß, wovon sie spricht: In ihrem 'anderen Leben' ist sie damit beschäftigt, ein Elternteil davon abzuhalten, die Sessel im Wohnzimmer oder das Wäschefach im Schrank als Toilette zu benutzen. In ihrem Buch will sie nicht die endlosen Schrecken langjähriger Leidensgeschichten abarbeiten - aber auch nichts beschönigen. Sie bietet eine erste Hilfe für alle, die die niederschmetternde Diagnose erhalten haben und sich fragen, wie es nun weitergehen soll. Wie muss der Alltag umstrukturiert werden? Wie organisiere ich Unterstützung? Wie spreche ich mit Außenstehenden darüber? Wie lange schaffe ich es alleine?

Autorenportrait

Margot Unbescheid, Studium der Germanistik, Philosophie und Lateinamerikanistik in Frankfurt. Währenddessen Mitarbeit im Hörfunk und Fernsehen. u. a.: "Bücher im Gespräch" (HR) und "Frühstücksfernsehen" (RTL). Ab 1989 folgte freie Mitarbeit in Filmprodukt

Leseprobe

Diagnose: Alzheimer! Zwei niederschmetternde Worte, die ich vor Jahren mühsam lernen musste zu akzeptieren. Sie betrafen meinen Vater, und seither unterstütze ich mit Mann und Kindern meine Mutter bei seiner Betreuung. Ich suchte damals verzweifelt und vergebens ein Buch, das mir den Anfang einigermaßen erträglich machen sollte. Ich suchte ein Buch für Angehörige, eines, das man in die Hand kriegen muss, wenn es losgeht, wenn diese zwei Worte in den Alltag einbrechen wie der Hurrikan Katrina in die Stadt New Orleans. In einem solchen Fall hat man genau zwei Möglichkeiten: Man kann entweder sofort fliehen: "Lassen Sie sich besser scheiden!", war der Ratschlag eines Arztes an eine Bekannte, "Das wird so furchtbar, das halten Sie gar nicht aus", oder bleiben. Und wenn man das will, dableiben, dann muss man sich rüsten und wissen, worauf man sich einlässt. Zuallererst natürlich durch eine Beratung bei der nächstgelegenen Alzheimer-Gesellschaft*. Danach dürfte spätestens klar sein, dass es schnelle Lösungen - also quasi mal kurz die Luft anhalten und untertauchen, etwas für den Kranken organisieren und dann sein gewohntes Leben weiterführen - nicht geben wird. *Ich spreche in diesem Buch oft von den "Alzheimer-Gesellschaften". Hierzu muss man wissen: Es gibt die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft in Berlin und viele weitere Alzheimer-Gesellschaften in Städten und Regionen. Alle haben ihre Schwerpunkte auf einem anderen Gebiet, je nachdem, wer sie jeweils gegründet hat, wer mitarbeitet und welche Projekte dort entwickelt und mit welchen Geldern durchgeführt werden. Ganz im Gegenteil: Der Kranke merkt ja selbst, wie sein Gehirn langsamer arbeitet und versagt, und reagiert darauf mit der Panik eines Ertrinkenden. Er klammert sich an seine Hauptpflegeperson - den Ehepartner oder eines der Kinder - und wütet gleichzeitig gegen die zunehmende Abhängigkeit von diesen Menschen. Der Pflegende selbst braucht jetzt seine gesamte Kraft, um das auszuhalten, und muss sich dazu noch kundig machen über Symptome, Medikamente, über krankheitsgerechten Umgang und über Hilfsmöglichkeiten. Eine Geschichte langen Leidens, also ein reiner Erfahrungsbericht, hilft mir da wenig, auch wenn Alzheimer eine furchtbare Krankheit ist und das Leid manchmal kaum zu ertragen. Gesucht habe ich nach Ratschlägen, Erlebnissen anderer Betroffener, erzählt ohne Wenn und Aber und ohne höfliche Verpackungen. Die Tatsache, dass seine Frau so aggressiv gewesen sei, das hätte ihm Kummer gemacht, las ich im Buch eines Mannes über die Alzheimer-Erkrankung seiner Frau. Aha. Das glaube ich ihm. Nur - was hat er getan? Wie hat er sie wieder beruhigt? Wo blieb er mit seiner Wut, seiner Trauer, seiner Ohnmacht? Hat er niemals den Wunsch verspürt, auf der Stelle Amok zu laufen? Ich habe mir geschworen, ein Buch zu schreiben, das klar benennt, was Sache ist, und in dem gewarnt und auf die Gefahren und Fallstricke der frühen Phasen hingewiesen wird. Diesen Vorsatz fasste ich genau an dem Tag, als ich meinen durch Alzheimer schon deutlich in seiner Wahrnehmung gestörten Vater leichtsinnigerweise noch einmal "kurz" hinter sein Lenkrad ließ und er mir prompt davongerast ist - in Richtung Autobahn. Davon, dass solche Dinge passieren können, hätte ich gerne gelesen - vorher. Auch Geschichten darüber, wie der Alltag mit einem Demenzkranken zu teilen und durchzuhalten ist. Und Tipps hätten mir geholfen, Tipps beispielsweise, wie man es schafft, plötzlich die "Oberhand" über den eigenen Vater zu bekommen und sie vor allem auch zu behalten. Oder wie man dem bislang gleichberechtigten Partner klarmacht, dass man jetzt der Boss ist. Ein wenig Vorbereitung auf die absurden Situationen, in die einen die Krankheit schickt, wäre gut gewesen und hätte vielleicht verhindert, dass man immer nur von den Ereignissen überrollt wurde. Dieses Bedürfnis habe ich bis heute behalten: Je mehr ich erlebe mit meinem Vater, desto mehr möchte ich mich austauschen können, Alltäglichkeiten erzählen und Leseprobe
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