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Gerechtigkeit ist gut, wenn sie mir nützt

Was den Deutschen wichtig ist - Eine Umfrage

Erschienen am 15.05.2014, 1. Auflage 2014
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593500584
Sprache: Deutsch
Umfang: 302 S.
Format (T/L/B): 1.9 x 21.4 x 14.1 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Wie sollte eine gerechte Verteilung des Wohlstands aussehen? Steht das Gemeinwohl über dem persönlichen Interesse? Sollte Deutschland notleidende Länder des Euroraums unterstützen, obwohl dies im eigenen Land Teile der Bevölkerung wirtschaftlich schlechterstellen würde? Und was bedeutet Glück? Das Buch präsentiert die Ergebnisse einer seit 2009 wiederholt durchgeführten repräsentativen Umfrage unter wahlberechtigten Deutschen zum Thema soziale Integration. Entstanden ist ein facettenreiches Bild von den Erwartungen, Wünschen und Wertvorstellungen der Menschen: davon, was ihnen wichtig ist und was sie über ihr Land, über Gerechtigkeit, Solidarität, Familie, Partnerschaft, Verantwortung und Selbstverwirklichung denken. Unter der Oberfläche zeichnet sich dabei für alle untersuchten Bereiche ein Grundmuster ab: Die Deutschen sind bereit, sich für soziale Integration und eine gerechte Gesellschaft einzusetzen, wenn ein persönlicher Vorteil damit verbunden ist. Nur wenn der eigene Nutzen und der der nahestehenden Umgebung gesichert ist, haben solidarische Gedanken eine Chance.

Autorenportrait

Uwe Engel ist Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt Statistik und empirische Sozialforschung an der Universität Bremen und leitet dort das Sozialwissenschaftliche Methodenzentrum. Er ist Mitbegründer des seit 2008 bestehenden »Access Panel and Mixed-Mode Internet Survey«. Bei Campus ist von ihm der Band »Wissenschaftliche Umfragen. Methoden und Fehlerquellen« (2012) erschienen.

Leseprobe

Vorwort Uwe Engel Zum 1. Januar 2008 startete das von meinem Arbeitsgebiet "Statistik und empirische Sozialforschung" der Universität Bremen koordinierte Schwerpunktprogramm 1292 "Survey Methodology" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (www.survey-methodology.de). Im vorliegenden Band berichten wir über Ergebnisse aus einem dieser Teilprojekte, dem "Access Panel and Mixed Mode Internet Survey". Das benannte Projekt startete zeitgleich mit dem Schwerpunktprogramm und realisierte mit dem zufallsrekrutierten Aufbau des Access Panels einen großen Teil seiner Arbeit in den ersten beiden Laufjahren. Seitdem führen wir Befragungen und Methodenexperimente innerhalb dieses Panels durch. Um das Access Panel aufzubauen, wurden im Jahr 2009 und später Zu-fallsauswahlen aus der zum Deutschen Bundestag wahlberechtigten Bevölkerung gezogen. Über Anlage und Durchführung dieser Studie haben wir in unserem 2012 im Campus Verlag erschienenen Buch "Wissenschaftliche Umfragen. Methoden und Fehlerquellen" bereits detailliert berichtet. Während im vorangegangenen Band "Wissenschaftliche Umfragen" die mit dem Projekt verbundenen Methodenforschungsfragen im Zentrum des Erkenntnisinteresses und der dort vorgestellten zahlreichen Auswertungen stehen, geht es nun im vorliegenden Begleitband um die inhaltliche Seite des Frageprogramms. Im Blickpunkt steht hier nicht mehr die Survey Methodologie selbst, sondern die Frage danach, was eine Gesellschaft zusammenhält. In der Soziologie ist dies die klassische Frage nach der sozialen Integration einer Gesellschaft und damit die Frage danach, was genau das Individuum mit der Gesellschaft verbindet. Das über die zurückliegenden fünf Jahre aufgelegte Frageprogramm unseres PPSM Access Panels war stark darauf ausgerichtet, diverse Facetten des Verhältnisses zwischen Individuum und Gesellschaft genauer zu beleuchten, da die soziale Integration als wichtiger Erklärungsbaustein auch und gerade für die Frage gilt, wer an wissenschaftlichen Umfragen teilnimmt und wer nicht. Entsprechend enthält auch der Band "Wissenschaftliche Umfragen" ein eigenes Kapitel, welches die Bedeutung der sozialen Integration für die Umfrageteilnahme beleuchtet. Jetzt wollen wir uns der Integrationsfrage aber ganz losgelöst von der Teilnahmefrage an Umfragen zuwenden, stellt die Frage der sozialen Integration doch schon für sich allein betrachtet ein zentrales Themenfeld der Soziologie dar. Der vorliegende Band zielt allerdings weniger darauf ab, einen Beitrag zur diesbezüglichen soziologischen Theorie zu leisten. Vielmehr soll er gestützt auf das Datenmaterial des Access Panels primär Einblicke in ei-nige themenrelevante Aspekte der aktuellen gesellschaftlichen Wirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen. Dazu haben wir in der Regel Themen aus der öffentlichen Diskussion aufgegriffen, um die soziologischen Fragen dahinter zu beleuchten. Dabei handelt es sich um so grundlegende Wertefragen wie Freiwilligkeit versus Pflicht, Selbstbestimmung in existenziellen Fragen, Solidarität und Gerechtigkeit sowie Interessenbezüge, aus denen heraus entsprechende Wertstandpunkte vertreten werden können. Im Blickpunkt des Interesses stehen damit auch die Lebensverhältnisse selbst, und zwar der persönliche Lebensstandard und die persönliche Lebensqualität. Wir beleuchten die Bedeutung von Familie, Beruf und Freizeit, untersuchen ehrenamtliches Engagement und werfen Licht auf die so wichtige Frage der Partnerwahl. Neben Solidarität und Gerechtigkeit gehen wir zudem auf ein weiteres kollektives Gut ein, und zwar den Klimaschutz. Mit Ausnahme von Kapitel 3, in dem der Zusammenhang von Beruf und Partnerwahl im Internet analysiert wird, stützen sich alle durchge-führten Analysen auf Auswertungen von Befragungsdaten des PPSM Access Panels. Die Analyse in Kapitel 3 wurde im Rahmen eines Kooperationsprojekts der PARSHIP GmbH (www.parship.de) mit der Universität Bremen mit anonymisierten PARSHIP-Daten durchgeführt. Unser besonderer Dank gilt der PARSHIP GmbH für die Erlaubnis, über die Ergebnisse dieser Forschungskooperation im Rahmen des vorliegenden Bandes berichten zu dürfen. Das PPSM Access Panel kann inzwischen auf einige Jahre kontinuierli-cher Forschungsarbeit zurückblicken. Die erste Generation von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Projekts ist inzwischen in andere berufliche Positionen vorgerückt. Simone Bartsch, Christiane Lénard (zuvor Schnabel) und Helen Lauff (zuvor Vehre) bekleiden inzwischen leitende Positionen im wissenschaftlichen Kontext insbesondere der Sozialforschung. Ich bin allen drei Wissenschaftlerinnen für die tatkräftige Mitwirkung beim Aufbau des Access Panels nach wie vor sehr dankbar. Das aktuelle Team meines Arbeitsgebietes für "Statistik und empirische Sozialforschung", das federführend am PPSM Access Panel mitwirkt, besteht aus den Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes. Ohne ihre tatkräftige Unterstützung wäre es nicht möglich, ein Panel dieser Größenordnung zu betreiben. Mein Dank gilt ihnen allen (in alphabetischer Reihenfolge): Julia Christine Borowsky, Laura Burmeister, Suat Can, Kim-Sarah Kleij, Britta Köster, Miriam Reußner und Björn Oliver Schmidt. Die Liste komplettiert Catharina Henneking, die inzwischen in anderer beruflicher Position tätig ist. Neben meiner eigenen Person gibt es über die Jahre des PPSM Access Panels hinweg eine weitere konstante personelle Größe. Mein besonderer Dank geht an Sabine Sommer, die als Leiterin meines Büros sowohl das Access Panel Projekt als auch das Koordinationsprojekt des Schwerpunktprogramms 1292 "Survey Methodology" der Deutschen Forschungsgemeinschaft administrativ über die gesamte Zeit hinweg äußerst kompetent und tatkräftig unterstützt hat. Es sollte nicht übersehen werden, dass Befragungsstudien bei allem Engagement eines Projektteams ohne die tatkräftige Unterstützung der Bevölkerung nicht funktionieren würden. Ich bin daher allen Personen, die uns im Rahmen des PPSM Access Panels für die erbetenen Interviews zur Verfügung standen, und das auch wiederholt, aufrichtig und außerordentlich stark dankbar. Diese, wie man es nennen könnte, "Befragungsbereitschaft" ist ein hohes und keinesfalls selbstverständliches Gut. Für die hervorragende redaktionelle Betreuung des vorliegenden Ban-des bedanke ich mich bei Laura Burmeister und Kim-Sarah Kleij. Last but not least bedanke ich mich sehr bei der Deutschen For-schungsgemeinschaft und der Universität Bremen für die finanzielle Unterstützung des PPSM Access Panel Projekts. Prof. Dr. Uwe Engel, Bremen, im Februar 2014 Literatur Engel, Uwe/Simone Bartsch/Christiane Schnabel/Helen Vehre (2012): Wissenschaftliche Umfragen. Methoden und Fehlerquellen. Frankfurt a. M.: Campus Verlag. 1. Individuum und Gesellschaft Uwe Engel 1.1 Einleitung Was hält eine Gesellschaft zusammen? Die Frage der "sozialen Integration" stellt zweifelsohne eine Grundfrage der Soziologie dar. Wir nähern uns dieser Frage in vorliegendem Band vornehmlich aus empirischer Perspektive, um sowohl verbindende als auch trennende Elemente in der Beziehung des Individuums zur Gesellschaft zu beleuchten. Aus soziologischer Sicht können verschiedene "Mechanismen" aufgezeigt werden, die zur sozialen Integration einer Gesellschaft beitragen. Wir gehen darauf näher in Kapitel 2.2 ein und zeigen dort auch unsere theoretischen Bezüge auf. Dem dort skizzierten Bezugsrahmen folgend konzentriert sich vorliegendes Kapitel auf eine erste Auswahl basaler Integrationsmechanismen: Vertrauensbildung, Akzeptanz gesellschaftlicher Normen und die Identifikation mit dem Land, in dem man/frau lebt. Wir be-schreiben, auf welche Akzeptanz die Grenzen stoßen, die dem Individuum durch die Gesellschaft gezogen werden, und beleuchten das durchaus prekäre Verhältnis von Freiwilligkeit und Pflicht sowie von Selbstbestimmung in existenziellen Fragen und durch die Gesellschaft gezogener ethischer Grenzen. Die Haltung zu kollektiven Gütern und in diesem Zusammenhang die be...

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Was hält die Deutschen zusammen?