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Deutschenkind

Tora-Trilogie 1 - Literaturbibliothek, Ariadne Literaturbibliothek

Erschienen am 25.04.2012
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783886194902
Sprache: Deutsch
Umfang: 252 S.
Format (T/L/B): 3 x 18.7 x 12.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Deutschenkind ist Band 1 der berühmten Tora-Trilogie, einer Romanfolge, die für das kaum zu Ertragende eine großartige Sprache findet. Herbjørg Wassmo schildert einen historischen sozialen Kosmos - den Alltag der auf den Fischfang angewiesenen Inselbewohner Nordnorwegens in den 1950er Jahren. Mal drastisch, mal komisch, mal erschütternd und verblüffend unverfälscht entfaltet sich die Erlebniswelt eines Kindes an der Schwelle zur jungen Frau. Mit ihrer bildstarken, ungeheuer direkten Erzählsprache zieht die Schriftstellerin uns völlig in Toras Welt hinein: das karge Leben auf der Insel, der Wechsel der Jahreszeiten. Die atmosphärischen Echos der Nachkriegszeit, der Alltag zwischen argloser Neugier, Gewalt und Vorurteil - all das übt einen unwiderstehlichen Sog aus. Trotz schwerer Themen ist das Buch kaum aus der Hand zu legen - eine mitreißende, kraftvolle, poetische und wichtige Lektüre. Ein zeitlos großer Roman, für den Herbjørg Wassmo mit dem norwegischen Kritikerpreis geehrt wurde.

Autorenportrait

Herbjørg Wassmo, geboren 1942 auf Skogsøya (Vesterålen, Norwegen), war zunächst Lehrerin und schrieb nur als Freizeitbeschäftigung. 1976 brachte sie ihren ersten Lyrikband heraus. 1981 erschien ihr erster Roman Huset med den blinde glassveranda (Deutschenkind), Beginn der beeindruckenden Tora-Trilogie, für die sie 1987 die höchste Auszeichnung des Nordischen Rates erhielt. Seitdem widmet sie sich ganz dem Schreiben. Einer ihrer Romane, Dinas bok, wurde 2002 von Ole Bornedal mit Maria Bonnevie und Gérard Depardieu verfilmt. Herbjørg Wassmo gehört zu den angesehensten und meistgelesenen Schriftstellerinnen Norwegens. Ihre Werke sind in 24 Sprachen übersetzt.

Leseprobe

Sie war Tora. Da war nichts dran zu ändern. Elisif hatte ihr mehr als einmal gesagt, dass sie nicht verstehen könne, dass eine so schöne und gut gebaute Frau wie Ingrid sie bekommen habe. Es müsse das fremde Blut sein und der Sünde Sold, die das bewirkt hätten. Tora verstand allmählich, was sie meinte, und wurde rot bis zu den Ohrläppchen. Das fremde Blut war das Schlimmste, das gehörte zum Krieg, von dem die Mutter niemals sprach. Das mit der Sünde Sold nahm Tora nicht so schwer. Da konnte man schummeln, das hatte sie gesehen. Aber wenn auch der Spiegel über dem Ausguss Tora erzählte, wer sie war, so lebte sie doch ihr eigenes geheimes Leben unter dem Federbett in ihrer Kammer. In der Dunkelheit und allein mit sich war sie die, die sie sein wollte. Da streifte sie unter dem kleingeblümten Bettbezug ihre Haut ab, wärmte sich mit ihren eigenen kalten Händen, liebkoste sich selbst, während sie eine andere Tora heraufbeschwor. Wenn sie allein zu Hause war, konnte sie die eigentliche Tora vollständig vergessen. Für eine Weile konnte alles, was am Tag an ihr nagte, verschwinden, als ob es nie da gewesen wäre. Die Gefahr? Die verschwand auch.