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Der Bernsteinring

Roman

Erschienen am 01.08.2004
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442360338
Sprache: Deutsch
Umfang: 448 S.
Format (T/L/B): 3.3 x 18.5 x 11.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Anita, eine junge Kölnerin, und ihre Halbschwester Roswita haben sich erst nach dem Tod des Vaters kennen gelernt und angefreundet. Doch in ihrer beider Kindheit haben die Erzählungen des Vaters eine entscheidende Rolle gespielt. Zufällig entdecken sie in einem Antiquitätengeschäft einen Bernsteinring, der zu einer Geschichte aus dem mittelalterlichen Köln von 1498 passt, die der Vater ihnen hinterlassen hat: Eine Geschichte von Kuppelei, Mord und Hexenverdacht – und von der leidenschaftlichen Liebe der Stiftsdame Anna zum Ratsherrn Rabanus …

Autorenportrait

Andrea Schacht war lange Jahre als Wirtschaftsingenieurin und Unternehmensberaterin tätig, hat dann jedoch ihren seit Jugendtagen gehegten Traum verwirklicht, Schriftstellerin zu werden. Ihre historischen Romane um die scharfzüngige Kölner Begine Almut Bossart gewannen auf Anhieb die Herzen von Lesern und Buchhändlern. Mit Die elfte Jungfrau kletterte Andrea Schacht erstmals auf die SPIEGEL-Bestsellerliste, die sie seither mit schöner Regelmäßigkeit immer neu erobert. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Katzen in der Nähe von Bonn.

Leseprobe

Vorwort Die Vergangenheit reicht in die Gegenwart hinein, und wenn man sie sucht, findet man überall ihre Spuren. Mich rührten die Äpfel an, die zu Füßen der Marienstatue in der ehemaligen Stiftskirche Maria im Kapitol noch immer von den Betenden hinterlassen werden, auf dass das Kind, das die Mutter im Arm hält, ihre Bitten wohlwollend gewähre. Man legt sie also heute genauso dort hin, wie es einst die Stiftsdamen wohl taten, die im Mittelalter dort ihre Andachten hielten. Und ihre Bitten lauteten um Hilfe, Gesundheit und Liebe. Nicht anders als heute auch, denke ich mir. Köln schrumpfte, nachdem das Römische Reich untergegangen war, beinahe zur Bedeutungslosigkeit zusammen. Dann aber, im Mittelalter, erfuhr es eine ungeheure Belebung. Als Handelsstadt und als Stadt der Kirchen. Auf der einen Seite waren da also die kommerziellen Aktivitäten, auf der anderen Seite aber war die Stadt eine geistig rege Metropole, und in den Klöstern, Konventen und Stiften entstanden unzählige Kunstwerke zur höheren Ehre Gottes. Eine der wohl gepflegten Kunstformen war die der Buchmalerei, die selbst dann noch betrieben wurde, nachdem der Buchdruck Fuß gefasst hatte. Jene Miniaturen, die die Künstler ihrer Zeit gestaltet haben, sind heute für uns lebendige Quellen, um sich das damalige Alltagsleben vor Augen zu führen. Denn selbst wenn sie biblische Szenen zeigen, so spielen sie doch in der Gegenwart - in den Häusern, auf den Feldern, in den Gassen. In den Stundenbüchern und Kalendarien nutzten die Künstler ihre Freiheiten der Gestaltung aus. Und darum darf auch die Stiftsdame Anna ihr eigenes Buch entwerfen, das ich an die eine oder andere farbenprächtige Vorlage angelehnt habe. Ende des 15. Jahrhunderts aber war der Wechsel zur neuen Zeit schon deutlich spürbar. In Köln gibt es zwei Ereignisse, die das erkennen lassen - das letzte Ritterturnier, das König Maximilian 1486 auf dem Alten Markt veranstaltet, und das erstmalige Auftreten der Syphilis 1496, die vermutlich aus der Neuen Welt in das alte Europa eingeschleppt wurde. Doch wie sich die Zeiten auch wandeln, Spuren bleiben erhalten, Spuren von Menschen, die gelebt, geliebt und gelitten haben. Menschen wie Sie und ich. Und wenn die Seelen jener, die am breiten Fluss, dem Rhein, gelebt haben, eine neue Wohnstatt beziehen, mag es sein, dass sie eine wählen, die es dort wieder hinzieht. 1. Kapitel Wiederkehr Sie starb. Es wurde dunkel um sie, doch das Gesicht ihres Geliebten war das Letzte, was sie mit ihren schwindenden Sinnen wahrnehmen konnte. Dann begann ihre Wanderung durch die Unendlichkeit, ohne Angst, wissend, dass sie sie finden würde - die Regenbogenbrücke, die sich über dem Abgrund zwischen den Welten spannte und über die sie in die Anderwelt gelangen würde. Mutig überschritt sie den farbigen, leuchtenden Bogen und erreichte die freundlichen Länder am anderen Ufer. Sie wandelte unter blühenden Apfelbäumen, entlang an silberhellen Bächen und schilfbestandenen Seen, sie begegnete den Ahnen und den Helden der Vergangenheit, aber auch anderen, manchmal Furcht erregenden, manchmal sie anwidernden Gestalten. Sie wandelte lange und vergaß Wehmut, Schmerzen und Trauer. Sie verlor nach und nach ihre Erinnerungen an das Leben auf Erden. Bis auf eine. Das tiefste Gefühl, das sie empfunden hatte, war bei ihr geblieben - ihre Liebe vergaß sie nie, und die Sehnsucht blieb immer bei ihr. Als sie der Wanderungen müde geworden war, suchte sie den Kessel der Wiedergeburt auf und entschloss sich, darin zu baden. Und im Jahre des Herrn 1470 wurde in der Colonia, jetzt das 'Heilige Köln' genannt, ein Kind der Schande geboren. Ein Mädchen mit rabenschwarzem Haar. Ihre Mutter nannte es Anna. 2. Kapitel Der Unfall Der Sommerabend war angenehm kühl geworden, und die Sonne warf lange Schatten über das bergige Land. Nicht mehr lange, und sie würde hinter den Baumwipfeln versinken. Die Autobahn war noch belebt, der Fernverkehr ka Leseprobe