0

Lüge

Die Erzählungen, Lilienfeldiana 5

Erschienen am 11.05.2009
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783940357106
Sprache: Deutsch
Umfang: 216 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 18.5 x 11.4 cm
Einband: Halbleinen

Beschreibung

Zusatztext

Autorenportrait

Viktor Hofmann wurde 1884 in Moskau als Sohn eines kulturbeflissenen österreichischen Möbelfabrikanten geboren. Schon als Schüler schrieb er Verse, verkehrte in Symbolistenkreisen und publizierte in bedeutenden Almanachen der Décadence. Zu seinen Freunden zählte auch der junge Ossip Mandelstam. 1904 trat er dann mit dem "Buch der Anfänge" als Lyriker an eine breitere Öffentlichkeit, 1909 folgte der Band "Die Probe". Er begründete den Stil des "mystischen Intimismus" und verfaßte als Redakteur der Zeitschrift "Die Kunst" zahlreiche Rezensionen und Essays. 1909 beschloß Hofmann auch, keine weiteren Gedichte mehr zu schreiben, und widmete sich nur noch der Prosa. Er übersetzte Guy de Maupassant und Heinrich Mann und arbeitete am eigenen erzählerischen Werk. 1911 wurde er während eines Paris-Aufenthaltes so von Neurasthenie geplagt, daß er sich aus Furcht vor dem Wahnsinn umbringen wollte. Bei einem ersten Selbstmordversuch schoß er sich einen Finger ab, beim zweiten starb der Siebenundzwanzigjährige.

Leseprobe

Das alles war – wie eine Parodie auf die Liebe. Selbst dieses Wehren, dieses Was tun Sie da? – alles so, wie es sich gehört. Wie von Federn angetriebene Puppen bewegen sie sich im Raum. Denn an tausend Orten geschieht jetzt haargenau das gleiche, wird das gleiche gesprochen, denn das alles ist mit äußerster Präzision – vorherbestimmt. Wo ist da die Freiheit? Sie blickte sich unwillkürlich um und suchte nach dem Spiegel. Der Spiegel war unmittelbar hinter ihr, groß und dunkel. Er folgte ihrer Bewegung und blickte sich ebenfalls um. Dann, immer noch in den Spiegel schauend, zog er sie an sich, nahm sie auf seinen Schoß und begann wieder ihren Körper zu streicheln und zu drücken. Die beiden im Spiegel taten dasselbe. Etwas Fremdes und Absurdes war in allen vieren.