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Schuld und Gewissensbiss

Ein Roman und neun Erzählungen, Lilienfeldiana 24

Erschienen am 18.04.2018
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783940357694
Sprache: Deutsch
Umfang: 176 S.
Format (T/L/B): 2 x 18.5 x 11.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Der Kurzroman Schuld, eines der zentralen Kleinode im Schaffen Emmanuel Boves, war als Lilienfeldiana-Band schnell vergriffen. Zum 120. Geburtstag des großen Erzählers wird er wieder aufgelegt und um bedeutende Entdeckungen ergänzt: neun bisher unbekannte Erzählungen aus den 30er und 40er Jahren, die in Zeitungen erschienen waren und nun erst wiedergefunden wurden. Während im Roman ein armer Gescheiterter eine vermeintliche Schuld sühnen will, von der nur er etwas mitbekommen hat, schildern die Geschichten den braven Irrsinn der Normalbürger. Ob es um die erträumte Belohnung für einen Lebensretter, die noch einzutreibenden Schulden eines Toten, peinlich gewordene Eltern oder andere moralische Zwickmühlen geht - die Erzählungen sind ohne Zweifel Bove in kühl-ironischer Bestform.

Autorenportrait

Emmanuel Bove wurde 1898 in Paris geboren und starb dort 1945. Seine Kindheit war von großer Armut gekennzeichnet, seine Jugend verbrachte er in diversen Internaten, u.a. in England und in der Schweiz. Jahrelang verdingte er sich in verschiedenen Gelegenheitsjobs - als Kellner, Taxifahrer, Hilfsarbeiter. Sein literarischer Durchbruch fand 1924 statt mit seinem Romanerstling "Mes amis" (dt.: "Meine Freunde", 1981), der von Colette lebhaft unterstützt wurde. In den darauffolgenden zwei Jahrzehnten kam es zu einer enormen Produktion von Romanen und Erzählungen. Nach 1945 geriet Bove dann vollkommen in Vergessenheit und wurde in Frankreich erst in den späten 70er, in Deutschland ab den 80er Jahren zuerst durch Peter Handke wiederentdeckt.

Leseprobe

Sieben Jahre hatte Dr. Figue seine Eltern nicht mehr gesehen, sieben Jahre, in denen er sich in Paris mühselig eine Position geschaffen hatte. Jetzt war er verheiratet. Er hatte die Tochter des Direktors des APP (des Amts Pharmazeutischer Produkte) geehelicht. Monsieur Vesoul kannte das Leben und vor allem familiäre Zwänge. Schon bei der ersten Begegnung mit Dr. Figue hatte er begriffen, dass sein künftiger Schwiegersohn von bescheidener Herkunft war, und hatte sich, weit davon entfernt, ihm einen Vorwurf daraus zu machen, sogar darüber gefreut. Und Jacques Figue, für den es schon ganz natürlich geworden war, die Seinen zu verleugnen, hatte sich, um seinen Schwiegereltern zu gefallen, mehr und mehr als eine Art Waisenkind ausgegeben, das es aus eigener Kraft zu etwas gebracht hat. Erst nach zwei Jahren hatte er seiner Frau gestanden, dass er seinen alten Eltern jeden Monat eine Pension in Höhe von 300 Francs überwies. Man konnte nie wissen; seine Frau hätte es eines Tages ja erfahren können. Er hatte es genau einmal gesagt, damit man ihm später nicht vorwerfen konnte, es verheimlicht zu haben. Seine Frau übrigens hatte das anscheinend gar nicht mitbekommen.