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Unser Umgang mit rechten Autoren und Verlagen

Gelegentlich werden wir mit folgender Frage konfrontiert: "Warum finde ich in Ihrem Webshop Bücher von rechten Autor:innen, Verschwörungstheoretiker:innen?"

Wir freuen uns sehr über eine solche kritische Wahrnehmung – und wollen auch gerne dazu Stellung beziehen, in der Hoffnung, dass Sie den nun folgenden längeren Text komplett lesen werden. Denn das Thema „Sortiment im Online-Shop“ ist ist auch für uns immer wieder Anlass zur Diskussion.

Wir bemühen uns sehr, im Laden ein weltoffenes, menschenfreundliches und vielfältiges Sortiment zu präsentieren, dies entspricht unseren Lebens- und Lesegewohnheiten und anders könnten wir (durchaus kapitalismuskritischen Menschen) auch gar nicht „vom Verkaufen leben“. Wir überprüfen möglichst viele der, bevor wir die Bücher ans Lager nehmen und hinterfragen fortlaufend Inhalte und auch die Positionen der Autor:innen. So wurden in den vergangenen Jahren, immer wieder Titel hinterfragt und ausgelistet: Thilo Sarrazin, Harald Martenstein, Lisa Eckhart, Uwe Tellkamp, Monika Maron...um nur einige zu nennen, welche durch diskriminierende Äußerungen und Texte auffielen und von uns nicht mehr vertreten werden konnten.

Denn uns ist durchaus bewusst, welche Wirkung es hat, wenn wir Büchern in unseren Regalen Sichtbarkeit verschaffen und dadurch Werbung für für sie machen.

Warum sind diese Werke dann im Online-Shop gelistet? Sie haben vielleicht nur einen Autor oder Verlag gefunden, der Ihnen sofort augefallen ist, ich könnte die Liste jetzt noch um zahlreiche weitere erweitern. Die meistern solcher Verlage werden nicht vom Verfassungsschutz beobachtet, hätten aber durchaus das Potential dafür.

Die Antwort hat zwei Aspekte: Wir stehen als Buchhandlung nicht nur für unser Sortiment vor Ort ein, sondern auch für Meinungs- und Publikationsfreiheit. Deshalb arbeiten wir - hier nun ein technischer Aspekt – mit dem Verzeichnis lieferbarer Bücher, im folgenden VLB genannt, eine bundesweite Datenbank, für die jeder Verlag seine Publikationen melden darf. In dieser Datenbank befinden sich derzeit ca. 2,5 Millionen Titel, die Datenbank kann ich als Buchhandlung nicht beeinflussen oder steuern. Für unser Selbstverständnis als Buchhandlung ist es wichtig, den gesamten Buchmarkt abzubilden und dazu dient uns das VLB. Mit dem VLB arbeiten wir auch bei unserer täglichen Arbeit im Laden, um die Bücher zu bestellen, welche wir nicht vor Ort haben. Es ist hierbei ein wichtiges Rechercheinstrument, denn im Laden haben wir nur Platz für ca. 12.000 Bücher, der Markt ist aber wesentlich größer. Allein im Jahr 2019 sind in Deutschland über 70.000 Titel neu erschienen. Und deshalb ist das VLB auch die Grunddatenbank unseres Online-Shops. Ergänzt, bzw. bei der Lieferbarkeitsanzeige überstimmt, wird das VLB durch die Datenbank eines unserer Großhändler und durch unsere eigene Warenwirtschaft.

Das VLB hat für uns im Hinblick auf die Neue Rechte noch einen weiteren Vorteil: Wir können sie beobachten. Und einige unserer Kund:innen (u.A. aus den Bereichen Linguistik und  Politikwissenschaft) forschen zu den Publikationen, für sie können wir bei Bestellung über uns einen Anonymitätspuffer bilden. Wer gibt schon gerne seine Daten in rechten Online-Shops an?

Meinungsfreiheit bedeutet in diesem Fall nun leider auch die Meinungsfreiheit der Rechten. Solange die Publikationen nicht indiziert werden, sind sie verkäuflich. Bei Büchern, die unserer Auffassung nach indiziert werden sollten, arbeiten wir seit kurzem mit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Niedersachsen zusammen, gegebenenfalls auch mit der Polizei (im Jahr 2020 einmal nötig).

Meinungsfreiheit bedeutet aber auch, dass wir unsere Meinung hier vor Ort in den Raum stellen. Dass wir ein Buch nicht vor Ort vorrätig haben ist in der Regel keine Entscheidung gegen ein Buch oder Autor:in, sondern eine Entscheidung für ein anderes Buch dass für uns und für unsere Kund*innen wichtig ist. Nur in Einzelfällen entscheiden wir uns bewusst gegen Autor*innen die nicht mit unserer inhaltlichen Ausrichtung vereinbar sind. Autoren wie Thilo Sarrazin, Lisa Eckhart, Uwe Tellkamp, Monika Maron und Akif Pirinçci um nur einige bekanntere Namen zu nennen, werden Sie deshalb nicht in unseren Regalen finden. Wir zensieren jedoch nicht, da dies nicht unsere Aufgabe ist. Wir nehmen uns nur die Freiheit, unserer Sortiment so zusammenstellen, wie wir es für richtig und wichtig halten. Sollten Sie - aus welchen Gründen auch immer - ein Buch von solchen wie den oben genannten Autor*innen erwerben möchten, bestellen wir es Ihnen wie jedes andere Buch auch, sofern es in Deutschland frei und legal verkäuflich ist.

Wir hoffen auf weitere rege Diskussionen im Kolleg:innen – und Kund:innenkreis – nicht nur zum Thema Rechtsextremismus, sondern auch zu allen anderen Themen wie Rassismus, Homophobie und anderen Diskriminierungsformen, zu denen auch wir immer neu dazulernen und immer neu Grenzen abstecken müssen.

Ich hoffe, ich konnte unsere Arbeitsweisen und Beweggründe schon mal ein wenig erläutern, für weitere Rück- und Detailfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße

Kathrin Bruhn

Geschäftsführerin und verantwortlich für das Sortiment